Marcus Scholz

29. November 2017

„Nicht reden – einfach machen“ – die Botschaft von Trainer Markus Gisdol ist angekommen. Und auch wenn sich viele (auch ich) zurecht fragen, warum der HSV-Trainer ausgerechnet jetzt, wo man endlich mal wieder ein gutes Spiel geliefert UND gewonnen hat, so auffällig schlecht gelaunt ist – er hat Recht. Punkten in Freiburg, anstatt sich über die Zukunft von Hamburger Supertalenten den Kopf zu zerbrechen oder über Neubesetzungen von Aufsichtsräten zu sinnieren – das hätte doch mal richtig was von einem guten Profiklub. Insofern: Ich würde Gisdol diesen Gefallen nur zu gern tun. Aber ganz geht das nicht. Denn neben den sportlichen Geschehnissen gibt es eben doch die Vereinspolitik, die den HSV dahin geführt hat, wo er heute steht. Und wenn es nach mir ginge, muss sie ihn genau da auch wieder rausführen. Allein mir fehlt zunehmend der Glaube daran.

Zumal jetzt auch noch der designierte Aufsichtsratsvorsitzende Jens Luther abgesprungen ist. Der HEK-Vorsitzende begründete es mit Umständen, die das nicht zuließen. Er ließ offen, welche das sind, und deshalb liegt es mir auch fern, hier wild zu spekulieren. Aber angesichts der Tatsache, dass alle bislang Beteiligten in Luther den neuen Ratsvorsitzenden gesehen haben, mutet es nicht gut an. Im Gegenteil. Auch deshalb habe ich heute den erfolgreichsten (viele gab es davon nicht) Aufsichtsratsvorsitzenden der HSV-Historie angerufen und ihn gefragt, wie er diesen Vorgang einstuft. Und sein Urteil ist eindeutig. Udo Bandow macht sich große Sorgen: „Ich schätze Jens Luther sehr und hätte ihn gern als einen Nachfolger in der Position des Aufsichtsratsvorsitzenden gesehen. Besonders die Entwicklung der letzten Jahre hat die Wichtigkeit dieses verantwortungsvollen Amtes noch einmal nachhaltig bestätigt. Und ich bin fest davon überzeigt, dass Jens Luther dieses Amt voll ausgefüllt hätte.“

Klar, einige werden auch einem so verdienten Mann wie Udo Bandow irgendwelche Interessen unterstellen. Und das Gegenteil beweisen kann ich nicht. Allerdings kann ich aus meiner unvoreingenommenen Sicht nach vielen, vielen Gesprächen mit Herrn Bandow behaupten, dass der ehemalige AR-Vorsitzende von 1996 bis 2007 nichts mehr will, als Erfolg im Verein – mit einer endlich mal wieder professionellen Struktur. Und genau deshalb beruhigt mich der Abgang Luthers momentan nicht – ganz im Gegenteil. Nach den Worten Bandows bin ich sogar ein wenig beunruhigt. Aber okay, bis zur Hauptversammlung der AG sind es ja noch ein paar Tage... Und ich hoffe dass die Zeit hier endlich Vernunft fördert – nicht weitere Machtkämpfe.

 

Apropos Kampf: Der wird laut Gisdol auch in Freiburg Trumpf sein. Für mich etwas überraschend deutlich, hob der HSV-Trainer heute die hitzige Atmosphäre im Schwarzwaldstadion hervor. Ich persönlich habe die Besuche dort als nette, stimmungsvolle – aber eher nicht hitzige Spiele in Erinnerung. Aber vielleicht möchte der HSV-Trainer ja auch nur den Fokus seiner Spieler weiter auf das schärfen, was sie am besten können: Laufen, kämpfen – und neuerdings auch Chancen kreieren. Dank Jann Fiete Arp sagen die einen. Und dem würde ich ganz sicher nicht widersprechen. Aber es gehört natürlich noch deutlich mehr dazu, als dieses tolle Talent auf der Neun.

Zum Beispiel, dass der HSV über die Außen wieder funktioniert. War man dort mit Dennis Diekmeier rechts sowie Douglas Santos links defensiv zunächst anfällig, hat Gisdol es geschafft, die Flucht nach vorn anzutreten und die Qualitäten seiner Spieler besser einzusetzen. Santos und Diekmeier zählen hierbei seit Wochen zu den Besseren, ebenso wie Abwehrchef Kyriakos Papadopoulos und Gotoku Sakai. Neben Papadopoulos wird zudem Mergim Mavraj langsam besser, während neben dem HSV-Kapitän Gideon Jung auf der Doppelsechs sehr gut funktionierte. Und da auch Mathenia aktuell sicher wirkt, kann man sagen: Die Defensive steht. Und das ist die Basis von allem. Auch deshalb ist Jens Todt in Argentinien insbesondere auf der Suche nach einem guten Defensivspieler.

Egal wie, die beiden HSV-Außenverteidiger freut es sichtlich. „Wir haben jetzt die Möglichkeit, uns über außen immer wieder vorn mit einzuschalten“, so Diekmeier, der in den letzten Jahren von Gisdols Vorgängern (und anfangs selbst von ihm) angehalten wurde, sich zunächst einmal um die Absicherung der Defensive zu kümmern. Die grundsätzlich offensivere Taktik des HSV, der mit einem enormen Aufwand offensiv zu attackieren versucht, kommt Diekmeier ebenso wie Santos sehr entgegen.

Logische Konsequenz: Beide können sich offensiv mit einschalten – und beim 3:0 gegen Hoffenheim bereiteten beide so sogar jeweils einen Treffer vor. Insofern ist Arps Anteil an dem aktuellen Aufschwung nicht zu gering zu bewerten. Aber er darf eben auch nicht überbewertet werden. Aber, um Euch gleich wieder zu beruhigen, damit möchte ich nicht in die Debatte einsteigen, ob Arp überhaupt zu halten ist. Denn diese Frage stellt sich noch nicht. Aktuell zählt nur, den Schwung der letzten Wochen (inklusive Arp, Ito etc.) mitzunehmen und zu punkten.

Von daher nehme ich es mal wörtlich und bleibe für heute bei Gisdol: Nicht viel quatschen, sondern einfach mal nur machen. Wobei dieses Motto hier beim HSV Allgemeingültigkeit besitzt.

Trotzdem bzw. deswegen in aller Kürze die letzten Fakten rund um die Mannschaft: Bobby Wood trainierte heute wieder nur sehr dosiert und beendete das Training abgesprochen früher als der Rest. Der Brasilianer Walace ist weiter krank du wird am Freitag ebenso fehlen, wie aller Voraussicht nach auch Albin Ekdal, der heute nur individuell trainieren konnte. Ansonsten sind bis auf die Langzeitverletzten Nicolai Müller und Bjarne Thoelke heute alle wieder dabei gewesen, wie in dem von mir künstlerisch hochwertig zusammengestellten Video heutigen Training zu erkennen ist.

In diesem Sinne, bis morgen. Dann wieder mit eine nicht öffentlichen Training. Ich halte es wie gesagt mit Gisdol und mache. Und zwar Feierabend für heute.

 

Bis morgen!

Scholle

 

 

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