Marcus Scholz

5. November 2020

Woran erkennt man, dass es dem HSV sportlich gerade sehr gut geht? Ganz einfach: An der Tabelle und an den Kommentaren. Wenn die Userinnen und User dieses Blogs anfangen, andere darauf aufmerksam zu machen, nicht alles zu positiv zu sehen, dann geht es dem HSV ganz offensichtlich gut. Wobei das zuallererst sportlich zu sehen ist. Und um hier mal ein wenig antizyklisch zu arbeiten, liste ich heute mal die Dinge auf, die mir bislang noch nicht gefallen haben. Denn die gibt es immer wieder. Angefangen bei den Spielern, von denen wir uns alle sicher mehr versprochen hatten. Klaus Gjasula, Toni Leistner, Lukas Hinterseer und David Kinsombi zum Beispiel.

 

Letztgenannter steckt schon seit seinem Wechsel zum HSV in einem Dauertief mit kleinen Ausreißern. Leider. Denn von den Skills, die er mitbringt, könnte er im Konzept von Daniel Thioune eine gute Rolle spielen: Er ist technisch stark, gut im Zweikampf, robust – und vor allem torgefährlich. Auch wenn ihm ein wenig Tempo fehlt, so hat er den Torinstinkt, den sich der neue HSV-Trainer von seinem offensiven Mittelfeldspieler verspricht. Aber wie heißt es so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt…

Kinsombi enttäuscht, Kittel zieht noch nicht durch

Wobei, wenn wir schon im offensiven Mittelfeld sind, kommen wir nicht an Sonny Kittel vorbei. Der vielleicht technisch (nach Hunt) beste Spieler im Kader hat das Tempo, das Kinsombi fehlt. Und er hat einen Schuss, der seinesgleichen sucht. In der Vorbereitung hat der 27-Jährige sogar körperlich angefangen, sich zu wehren. Er hat sich nicht mehr einfach wegschieben lassen. Zum Beispiel  gegen Hertha BSC, da hat er die Zweikämpfe endlich mal angenommen. Und er hat sie teilweise gewonnen, was mich hoffen ließ, dass er selbst erkennt, dass es ohne Angst, sich zu verletzen, besser geht. Ich hatte gehofft, dass er diese Saison endlich seinen Hasenfuß ablegt und robuster wird. Denn der Umstand, dass er sich defensiv noch immer mal wieder verweigert und in der Offensive zurückzieht, wenn es mal enger wird – er lässt Kittel nie zu dem werden, was viele in ihm sehen: Einen Spielmacher. Und das finde ich persönlich extrem schade. Denn auch wenn Aaron Hunt gerade gute spielt und seiner Führungsrolle auf dem Platz gerecht wird, braucht der HSV schon auf kurze auf Sicht einen Nachfolger für den Ex-Kapitän. Kittel ist das allerdings nicht.

Ebenfalls seit langer Zeit außer Tritt ist Bakery Jatta. Der Gambier hat schon in der Vorbereitung angedeutet, dass etwas bei ihm nicht stimmt. Sportlich war es zu sehen, angesichts seiner privaten Probleme auch zu erahnen. Und bis auf die erste Halbzeit gegen Würzburg kam er bis heute nicht so zur Geltung, wie man es von ihm erwarten darf. Und Fakt ist: Angesichts seines Tempos MUSS er eine Waffe auf der Außenposition beim HSV sein. Immer. Fazit: Ich hoffe, dass er die Verletzungspause  zuzüglich der Länderspielpause nutzt, um einmal den Resetknopf zu drücken und noch mal alles hochzufahren, was er drauf hat. Denn dann ist er eine Verstärkung. Als Joker zum Kontern ebenso wie von Beginn an.

Bleibt Gjasula nur Dauerreservist?

Über Klaus Gjasula ist an dieser Stelle wie anderswo schon genug geschrieben worden, finde ich. Ich hatte von Beginn an meine Bedenken, was zum einen sein Lauftempo und zum anderen seine Handlungsschnelligkeit betrifft. Und noch konnte er mich auch nicht eines Besseren belehren. Im Gegenteil: Youngster Amadou Onana hat sich hier klare Vorteile erarbeitet und wurde zuletzt völlig zurecht dem Routinier vorgezogen.

Trotzdem will ich an dieser Stelle noch einmal betonen, dass neben dem Sportlichen auch das Verhalten drumherum im Mannschaftssport zu bewerten ist. Und dort geht Gjasula den Weg, den man sich von ihm erhofft und den man von ihm erwarten kann. „Man merkt ihm an, dass er nicht zufrieden ist. Ihm fehlen ein paar Punkte körperlich“, so Trainer Daniel Thioune, der immer wieder betont, dass sich Gjasula drumherum sehr gut einbringen und seiner Führungsrolle abseits des Platzes durchaus gerecht würde. Fazit hier: Bring es endlich auf den Platz, Klaus! Ansonsten wird der Albaner beim HSV die Rolle des Dauerreservisten und Einwechselspielers nicht loswerden.

Gleiches gilt – wenn auch mit klaren Abstrichen - auch für Toni Leistner. Auch er bringt sich rund um den Platz hervorragend ein, wie mir gegenüber sogar die jüngeren Spieler bestätigt haben. Im Gegensatz dazu hat er sportlich einen mehr als durchwachsenen Start beim HSV hingelegt und musste durch die eingehandelten Sperren mit ansehen, wie seine direkten Konkurrenten im Team an ihm vorbeiziehen. Erst Ambrosius, dann Heyer – und jetzt auch noch Jan Gyamerah.

Leistner hat sich selbst rausgenommen

Am schlimmsten für Leistner aber dürfte sein, dass HSV-Trainer Thioune inzwischen die Dreierkette bevorzugt. Denn hier braucht der Trainer zwei Aufbauspieler und einen robusten Mann. Letztgenannte Rolle hat sich Ambrosius gesichert. Besser ist Leistner auch in Topform nicht. Und als Aufbauspieler sieht Thionue ihn nicht, wie er gerade gestern deutlich machte. Von daher kann Leistner nur darauf warten, dass er Ambrosius ersetzen muss. Oder eben, dass Thioune mal wieder mit Viererkette spielt. Wobei auch dann längst nicht sicher ist, dass Leistner spielt.

Insofern muss man klar sagen: Auch Leistner ist – ebenso wie der andere als Säulenspieler eingeplante Zugang Gjasula – aktuell nur Ergänzungsspieler. Aber: Mich stört es nicht per se, wenn Neuzugänge kommen und nicht sofort durchstarten. Ich hätte nicht einmal etwas dagegen, wenn Gjasula und Leistner Ersatz bleiben, weil sich intern andere Spieler plötzlich in die erste Reihe spielen. Letztlich entscheidet eh nur, dass die Mannschaft, die auf dem Platz steht, stark genug ist. Stark genug, um die Ziele des Klubs zu erreichen. Und das ist dieser HSV, wie wir in den letzten Wochen sehen konnten.

Sportlich sind natürlich auch Spieler wie Gideon Jung (ist nach seinen Fußproblemen wieder im Training), Lukas Hinterseer und Xavier Amaechi zu nennen, wenn es darum geht, mehr erwarten zu dürfen. Dennoch werde ich auch heute nicht abschließen, ohne zu betonen, dass der HSV auf dem absolut richtigen Weg ist. Das alles ist Meckern auf hohem (Zweitliga-)Niveau. Und noch wichtiger: Bei allem aktuellen Erfolg hat das Trainerteam diese Probleme nicht nur erkannt, sondern man geht sie bereits an, wie sich im Trainingsverhalten (heute mal ausgenommen, da wurde im Stadion trainiert) festmachen lässt. Immer wieder schnappt sich Thioune seine Problemfälle für einen mehr oder weniger kurzen  Plausch. Er gibt Anweisungen, aber er sucht auch den generellen Austausch, um die Formtiefs seiner Spieler zu ergründen. Mehr als so mancher Vorgänger, die zu oft zu viel Eigeninitiative vorausgesetzt haben.

 

Normalerweise würde und wollte ich an dieser Stelle auch noch einen Blick auf die Führungsetage werfen. So hatte ich es eben im "HSV, wag geht ab" angekündigt. Und das werde ich auch. Aber ich schiebe das auf Sonnabend. Heute ist es spät geworden, und morgen meldet sich Guido an dieser Stelle bei Euch. Von daher verabschiede ich mich für heute und morgen. Genießt den Abend!

Scholle

 

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